Ich Will Dich Lieben Auszug – Virna DePaul

Ich Will Dich Lieben Auszug

„Guten Abend, Sir. Willkommen zurück.“

Eine große Brünette mit einer glänzenden schwarzen Strähne und den Beinen einer Gazelle begrüßte Brady O’Neill am Eingang des The Stylish Irish. Er hatte Claire nach ihrem Vorstellungsgespräch als Empfangsdame für Gasthaus und Pub selbst sorgfältig ausgewählt, nicht, weil sie ein fantastisch enges Minikleid getragen hatte, das erstaunliche Brüste zur Geltung brachte, sondern weil sie freundlich und professionell war und eine lange Liste überschwänglicher Empfehlungen vorweisen konnte. Nichtsdestotrotz hatte das Minikleid nicht geschadet, wenn er ehrlich war, doch trotz ihrer offensichtlichen Flirtversuche würde er sich niemals auf eine Angestellte einlassen. Er war zu vernünftig für so etwas.

Oder er war einfach ein zu großer Langweiler, wie seine Brüder ihn gern aufzogen.

Ein erfolgreicher Geschäftsmann, der sein eigenes Restaurant führte, wie er es immer gewollt hatte, aber dennoch ein Langweiler. Und sie hatten ziemlich recht. Vielleicht würde sich das bald ändern. Vielleicht würde er es schaffen, sich Zeit für Spaß und Gelassenheit zu nehmen, doch so weit war er noch nicht.

Hauptsächlich, weil Spaß und Gelassenheit seiner Erfahrung nach immer ihren Preis hatten.

„Nennen Sie mich bitte Brady.“ Obwohl er dankbar war für Claires Respekt, so war er doch erst siebenundzwanzig Jahre alt, nicht viel älter als sie.

„Brady.“ Sie biss sich auf die Lippe und lächelte. „Wie geht es Ihnen?“

„Gut, danke. Gibt es etwas, worum ich mich kümmern sollte, oder hat Quinn alles im Griff?“ Quinn war Bradys älterer Bruder und Miteigentümer des The Stylish Irish; Bradys vier Brüder waren alle daran beteiligt, allerdings waren Brady und Quinn die Haupteigentümer. Brady hätte sich keinen besseren Geschäftspartner als Quinn wünschen können, doch Quinn hatte viel um die Ohren, einschließlich einer Fernbeziehung mit seiner Freundin Lilly, die noch für drei Monate in Florida war. Sie rief nicht oft während der Geschäftszeiten an, aber wenn sie es tat …

„Da ist eine Gruppe von Damen, die nach Ihnen sucht. Besonders die eine fragt immer wieder nach, wann Sie da sein werden.“ Claire sagte das mit einem spöttischen Lächeln, doch er sah einen Funken Eifersucht in ihren Augen.

Er unterdrückte ein Zucken und hoffte, dass das keine Schwierigkeiten nach sich zog.

Als irischer Mittzwanziger in Amerika hatte er ziemlich viel Aufmerksamkeit erregt, seit er im letzten Oktober hergezogen war. Das Letzte, was er brauchte, war eine Angestellte, die Besitzansprüche an ihn stellte. „Vermutlich ist sie mit irgendetwas unzufrieden. Hatte sie die Hummercremesuppe?“ Er hatte dem Koch die ganze Woche gepredigt, er solle sparsamer mit der Sahne umgehen. „Lassen Sie mich meinen Mantel aufhängen und ich rede mit ihr.“

„Sicher. Ich werde es ihr mitteilen.“ Claire wandte sich ab, um ein paar neue Gäste zu begrüßen, die gerade hereinkamen, während Brady in sein Büro ging. Bevor er eintrat, nahm er sich einen Moment Zeit, um sich im Restaurant umzuschauen.

Er hatte in den letzten paar Jahren genug Verluste erlitten, um ihn buchstäblich in die Knie zu zwingen, aber das … dieses Restaurant im Herzen von Green Valley war sein Neuanfang. Alles, von der polierten Bar über die Gäste, die die Happy Hour genossen, bis zu dem brechend vollen Laden, dem neuen Küchenequipment, dem modernisierten Innendesign und dem trendigen Menü. Ein Magnet für Touristen, Weinliebhaber und Anwohner gleichermaßen.

„Brady“, sagte Quinn aus dem Inneren des Büros heraus und lenkte seine Aufmerksamkeit von der Geräuschkulisse aus klirrenden Gläsern und klapperndem Besteck ab. Sein Bruder erhob sich von seinem Schreibtischstuhl. „Es war viel los heute Abend. Das kannst du dir nicht vorstellen. Der Trubel ist fantastisch!“

„Tja, du weißt ja, wie es so schön heißt …“ Brady zog seinen Mantel aus und hing ihn an den Haken hinter seiner Tür. „Gott erschuf den Whiskey, um die Iren von der Weltherrschaft abzuhalten. Anwesende –”

„– ausgenommen.” Quinn beendete den Satz für ihn und beide lachten. „Trotzdem werde ich viel glücklicher sein, wenn ich meine Königin hier habe, um an meiner Seite zu regieren.“

„Du hast heute Abend mit Lilly gesprochen?“

„Vor ein paar Stunden.“

„Alles okay?“

Quinn grinste. „Sie besteht ihr Praktikum mit Bravour. Sie meistert das Französische Macaron und kreiert alle möglichen neuen Kombinationen – Kokosnuss mit Dulce de leche-Füllung, Mexikanische Limette mit Passionsfruchtfüllung, Guave mit Frischkäse …“

„O mein Gott“, sagte Brady. „Hört sich an wie Vorspiel.“

„Alles, was aus Lillys Mund kommt, klingt für mich wie Vorspiel. Und ich freue mich für sie. Ich freue mich für uns beide, schließlich sind es nur noch ein paar Monate, bis sie endgültig nach Green Valley zurückkommt.“

„Echt jetzt? Du bekommst die ganze Woche Urlaub, wenn sie wieder da ist. Vergiss nicht, dir deine Kräfte einzuteilen.“

„Mach dir um mich mal keine Sorgen. Du allerdings …“

Brady stöhnte, er wusste, worauf sein Bruder hinauswollte. „Nicht schon wieder, Quinn. Bitte.“

„Du hast noch keinen Tag freigenommen, seit wir das Restaurant eröffnet haben.“

„Und ich will auch nicht freinehmen, großer Bruder. Ich bin glücklich, wenn ich arbeite. Glücklich, dieses tolle Geschäft aufzubauen, das wir gegründet haben. Ich habe es dir schon mal gesagt, hör auf.“

„Aber seit Elizabeth. Seit –”

Brady sah ihn finster an und unterbrach ihn, bevor Quinn Rhians Namen sagen konnte. „Ich sagte, hör auf, Quinn. Und ich meine es so.“ Er wusste, dass sein Bruder es gut meinte, aber sein kleines Mädchen wäre letzten Monat fünf Jahre alt geworden und es erfüllte ihn immer noch mit Schuldgefühlen, dass er zu ihrem Geburtstag nicht nach Irland zurückgekehrt war. Er war nicht dagewesen, um Blumen auf ihr Grab zu legen. Er hatte es vorgehabt, aber das Restaurant war eben erst eröffnet worden und …

Brady hatte Rhians Namen seit Monaten nicht ausgesprochen, ebensowenig wie seine Brüder. Er wusste, dass das falsch war, doch er konnte nicht damit umgehen. Nicht jetzt, und innerlich flehte er seinen Bruder an, das zu verstehen.

Quinn zögerte und seufzte, dann klopfte er Brady auf die Schulter. „Na schön. Wir sehen uns draußen, Made.“ Er verließ das Büro, während Brady sich an seinen Schreibtisch setzte und anfing, Papierkram zu ordnen.

Nach ein paar Minuten stand er auf und streckte sich, dann drehte er sich um, als er Quinn sagen hörte: „Entschuldigen Sie, Miss.“ Draußen im Gang war Quinn gerade mit einer schönen jungen Frau auf dem Weg zu den Toiletten zusammengestoßen und drückte sich an ihr vorbei. Die junge Frau stand einen Moment verwirrt da, als sammle sie Mut, etwas zu sagen. Sie warf einen Blick auf die Wand voller gerahmter Irlandbilder und dann auf Brady.

Sie war wunderschön.

Ihre Augen waren erstaunlich grün, ihr Äußeres natürlich, ihr Körper rank und schlank mit tollen zierlichen und definierten Armen, als verbringe sie Zeit im Fitnessstudio. Ihr seidengrünes schulterfreies Oberteil umspielte stufenweise ihren Oberkörper und gewährte einen leichten Blick auf ihre fabelhaften Brüste. Das Mädchen benötigte kein Make-up, doch sie trug einen Hauch von Lipgloss.

„Es stimmt also, was erzählt wird.“ Sie schenkte ihm ein kokettes Lächeln, ihr herzförmiges Gesicht war umrahmt von kastanienbraunem Haar, das ihr in sanften Wellen über nackte, gebräunte Schultern fiel.

„Was wird denn erzählt?“ Er zog eine Augenbraue hoch.

„Du siehst besser aus als Quinn.“

Seine Augen weiteten sich in Anbetracht ihrer Kühnheit. Nicht, dass er ihr geglaubt hätte, aber er fühlte sich unwillkürlich geschmeichelt. Ihr ganzes Leben lang hatten Frauen es geliebt, mit Quinn zu flirten, bevor er ein professioneller Rugbyspieler gewesen war, und auch danach. Zugegeben, mit seinen massigen 1,98 Metern Länge und blauen Augen hatte Brady nicht gerade gelitten, wenn es um weibliche Aufmerksamkeit ging, doch diese Frau war umwerfend. Und wagemutig genug, um sich zu holen, was sie wollte.

Die Vorstellung, dass das, was sie wollte, er sein könnte, ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen und brachte seinen Schritt zum Pochen. War das die Frau, von der Claire gesprochen hatte, die darauf wartete, mit ihm zu sprechen?

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er. Und plötzlich sprangen die Bilder, wie er ihr helfen könnte – am besten mit seinem Gesicht zwischen ihren Beinen –, in seinen Kopf und er war beinahe entsetzt über das intensive Bedürfnis, das ihn durchdrang. Über das sündhafte Verlangen, sie in sein Büro zu zerren, sie mit seinem großen Körper festzunageln und zur Sache zu kommen. Er wurde überrollt von wilden Impulsen, die er seit Jahren nicht gespürt hatte, und diese plötzlich aufkeimenden Gefühle bereiteten ihm Schwindel.

„Das können Sie tatsächlich.“ Ihre Stimme war heiser und nervös.

In ihrem Minirock kam sie mit langsamen Schritten auf ihn zu, ihre unglaublich fantastischen Beine in schwarzen Riemchen-Pumps.

Mit sich überschlagendem Herzen stand Brady wie angewurzelt da und schluckte schwer. Der Duft von Zitrusbodylotion umgab sie, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen, streckte ihre schmalen Hände nach ihm aus und verschränkte sie hinter seinem Nacken. Sie lehnte sich ihm entgegen und hielt abrupt inne, als Brady seine Hände um ihre Taille legte und sie zurückhielt.

Ihre Augen weiteten sich und schimmerten unsicher und schließlich verlegen. „O mein Gott, es tut mir so leid!”, sagte sie und versuchte zurückzuweichen.

„Nein“, sagte Brady. In dem Augenblick, als er sie berührt und gefühlt hatte, wie weich sie trotz ihres straffen und fitten Körpers war, war jeder Widerstand dieser Fremden gegenüber, die ihn küssen wollte, dahingeschmolzen. Er zog sie noch einen winzigen Zentimeter näher an sich heran. „Entschuldige dich nicht. Mach weiter“, sagte er, seine Stimme sanft.

Sie musterte ihn eine Sekunde lang, ihr Ausdruck noch immer unsicher, doch als er flüsterte: „Tu es“, schloss sie die schmale Lücke zwischen ihnen.

Ihre Lippen trafen sich in einer schockierend warmen Umarmung. Sie presste ihren weichen Mund auf seinen, küsste und schmeckte seine Unterlippe. Ihr Atem roch leicht nach Erdbeerlipgloss mit einem Hauch von Bier, doch es war nicht unangenehm.

Ganz im Gegenteil, sein Körper erwachte. Dieses Mädchen, wer immer sie war, vielleicht betrunken, vielleicht auch nicht, reizte einen Teil in Bradys Bewusstsein, der nun schon seit so vielen Monaten vor sich hingeschlummert hatte. Er inhalierte ihren einzigartigen Geruch und erwiderte ihren Kuss, als könne sie jeden Augenblick in einer Rauchwolke verschwinden, um niemals wieder aufzutauchen.

Seine Lippen tanzten über ihre. Als er mit seiner Zunge in ihren Mund eindrang, um ihren honigsüßen Geschmack zu kosten, ließ sie ihre Zunge über seine gleiten. Er stöhnte, der hungrige Ton vibrierte tief aus seiner Brust heraus und er genoss das Wimmern, das sie erwiderte. Er hob eine Hand, umfasste ihren Hinterkopf und massierte ihre Kopfhaut, während er seinen Körper enger an sie presste. Er stellte sich vor, ihr all ihre Kleidungsstücke auszuziehen bis auf eines, und seinen Schwanz an dem feuchten Stoff ihres Höschens zu reiben.

Die Spannung in ihm steigerte sich, als sie mit den Hüften kreiste.

Doch dann ließen ihre Hände von seinen Schultern ab und sie wich zurück. Sein Atem ging schwer gegen den ihren, als sie ihm zum letzten Mal einen sanften Kuss auf die Lippen drückte, der Punkt am Ende eines sinnlichen Satzes. „Wow“, sagte sie.

„Das kannst du laut sagen“, antwortete er, die Stimme heiser.

„Wow, wow“, sagte sie mit einem Lächeln, doch ihr erhitztes Gesicht und das Verlangen, das in ihren Augen loderte, sagten Brady, dass ihr Kuss sie weit mehr berührt hatte, als sie zugab. „Wie dem auch sei, danke.“ Nachdem sie sich umgedreht hatte, ging sie zurück ins Haupthaus und ließ Brady mit dem Gefühl zurück, als sei seine gesamte Welt zusammengebrochen. Er ballte seine Fäuste in dem Versuch, sich in Zaum zu halten, denn alles, was er wollte, war, ihr hinterherzustürmen, sie an sich zu ziehen und zu beenden, was sie begonnen hatte. Er schloss die Augen und nahm einen tiefen, beruhigenden Atemzug.

Eine Minute später starrte ihn Quinns Gesicht völlig ungläubig mit offenem Mund an. „Was zum Geier? Ich nehme an, das war keine weitere Beschwerde über die Hummercremesuppe.“

Während er nur langsam wieder zu Sinnen kam, tat Brady den Angriff der Erdbeerlippen ab und zuckte mit den Schultern. Sein Körper und Geist waren wie ein Porsche 911, der angelassen, innerhalb von drei Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt und dann vom Fahrer verlassen worden war, um von einer Klippe zu stürzen. Was für ein feuriges Ding. Er war eindeutig einer Kuss-und-weg-Aktion zum Opfer gefallen und alles, was ihm dazu einfiel, war, dass er vermutlich Gegenstand irgendeiner Mädchenwette gewesen war.

Quinn schmunzelte. „Tja, sieht so aus, als müsste ich dich doch nicht mit deinem nicht vorhandenen Privatleben nerven.“

Da er von der gefährlichen Begegnung immer noch taumelte und im Moment nichts anderes tun wollte, als Quinn aus dem Weg zu schubsen und der Frau nachzugehen, die gerade seine Welt auf den Kopf gestellt hatte, zwang sich Brady zu einem leisen Lachen. „Wozu soll es gut sein, ein Pubbesitzer zu sein, wenn ich nicht ab und zu ein Trinkgeld für meine harte Arbeit bekommen darf?“

„Genau.“ Noch immer grinsend, lehnte sich Quinn gegen die Tür und zog die Augenbraue hoch.

Brady hielt noch dreißig Sekunden stand, bis er es nicht mehr aushielt. Quinn zur Seite schubsend, ging er mit großen Schritten aus dem Büro und suchte mit den Augen zwei Sekunden lang das Restaurant ab, bevor Quinn ihm auf die Schulter klopfte.

„Geh und sprich mit ihnen.“

„Ihnen?“ Brady folgte Quinns Blick zu einer Gruppe von Frauen in der Ecke des Raumes, die von den meisten Männern in der Kneipe heftig gemustert wurde. Eine von ihnen war Dara, das Mädchen, mit dem sein Bruder Conor letztes Jahr zusammen gewesen war, kurz nachdem sie nach Amerika gekommen waren. Zwei Mädels kannte er nicht und die Vierte …

Die Küsserin strahlte ihn an, während ihre Freundinnen über ihren Schmachtwettbewerb kicherten. Offensichtlich hatte sie ihnen erzählt, was sich abgespielt hatte. Jesus, Maria und Josef, ihr Lächeln.

Sie hatte ihn geküsst.

Alles auf der Welt, was er in diesem Moment wollte, war, sie fortzuziehen und wieder zu küssen. „Geh und sprich mit ihr“, holte Quinn ihn wieder in die Gegenwart zurück.

Seine Antwort kam automatisch. „Ich kann nicht.“

„Und warum nicht? Du bist nicht tot, Bruder.“

Nein, tot war definitiv nicht das richtige Wort, um Brady zu beschreiben. Ihm war nur zu deutlich bewusst, dass er, anders als seine süße Rhian und seine Mam und Dad, ziemlich lebendig war, aber trotzdem nicht wirklich lebte. Nicht, wie er einmal gelebt hatte. Doch es ging ihm gut. Brady hatte seine wilde Seite vor Elizabeth ausgelebt. Vor Rhian. Bevor er zu dem Familienvater geworden war, der er sein musste. Der er sein wollte. Was spielte es also für eine Rolle, dass er manchmal Zweifel daran gehabt hatte, dass er und Elizabeth zusammengehörten? Er hatte Elizabeth geliebt und er war ihr treu gewesen. Er hatte versucht, ihr zu geben, was sie brauchte, nachdem Rhian gestorben war. Er hatte versagt, doch er würde nicht noch einmal versagen. Das bedeutete, dass er seinen Brüdern, dem Andenken seiner Eltern und sich selbst gerecht werden würde. Er würde einen großen Erfolg aus dem Restaurant machen.

Und selbst, wenn er anfing, wieder Spaß zu haben – das hieß, Frauen zu treffen und, um es freiheraus zu sagen, zu vögeln – würde er, verdammt nochmal, dafür sorgen, nie wieder eine Frau zu enttäuschen.

Der einfachste Weg, das zu tun, war, sich nicht ernsthaft auf eine einzulassen.

Nicht einmal auf eine Fremde mit der Tendenz zu küssen und dann wegzulaufen.

Aber verflucht, Quinn würde es nicht gut sein lassen.

„Du musst öfter ausgehen und Spaß haben, Made.“

„Ich habe eine Menge zu klären und zu erledigen, bevor ich wieder Spaß habe“, sagte Brady. Aber bei Gott, die Vorstellung, mit der Küsserin Spaß zu haben …

„Mein Gott, niemand verlangt von dir, wieder zu heiraten, Brady, sie am allerwenigsten. Fang einfach mit ‚Hallo‘ oder irgend so einem Unsinn an. Sie will offensichtlich Spaß mit dir. Außerdem weiß man nie, vielleicht ist sie an einem noch dunkleren Ort als du. Vielleicht bist du genau das, was sie braucht.“

„Sieht so aus, als käme sie gut ohne mich zurecht“, sagte er und wandte widerwillig seinen Blick von ihr ab. Er ging hinter die Bar, wo Pedro, der Barkeeper, und Sean, sein jüngerer Bruder, offensichtlich gelauscht hatten.

„Der Schein kann manchmal trügen, weißt du“, sagte Pedro, während er an Brady vorbei nach einem noch warmen Glas aus der Spülmaschine griff. „Vorsicht, bitte.“

„Das stimmt“, meldete sich Sean zu Wort. „Was ist los, Brady? Nerven verloren?“, stichelte er.

Ah, sogar das Baby in der Familie hatte es jetzt auf ihn abgesehen, und das kratzte an Bradys Ego. Wo liegt das Problem? Seit wann machte es ihm solche Angst, mit einem hübschen Mädchen zu reden? Übernimm das Kommando, so, wie sie bei dir das Kommando übernommen hat. Hat dich im Gang beobachtet und auf dich gewartet. Und als die Luft dann rein war, hat sie dich abgeknutscht. Dieses Küken von Frau, wahrscheinlich nicht älter als drei- oder vierundzwanzig, hatte mehr Eier in der Hose als er.

Er konnte sich nicht helfen, wieder fand er sie mit seinem Blick, aber diesmal richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf ihre Freundin.

Sein Herz klopfte wild und seine Finger lechzten danach, sich in ihrem Haar zu vergraben. Sie an seinen Körper zu ziehen, damit er mit jedem Teil seines Körpers alles von ihr spüren konnte. Das Bedürfnis war so überwältigend, dass er sich absichtlich wieder abwandte, doch das führte nur dazu, dass er sie noch mehr wollte.

„Ein Mädchen wie sie?“, sagte Sean. „Die willst du nicht warten lassen, oder sie glaubt, du hast es nicht drauf. Du musst – ”

„Ich weiß, wie man eine Frau aufreißt, du Sack“, erwiderte Brady verächtlich. „Ich bin einfach nicht interessiert.“ Gott, was für ein verdammter Lügner er war. Doch das Mädchen hatte ihn ins Schleudern gebracht. Er genoss das Gefühl, obgleich er sich Sorgen machte, sich immer mehr danach zu sehnen, wenn er dem nachgäbe.

Nach ihr.

„Reiß mir nicht den Kopf ab, hm? Ich versuche nur, dich mit jemandem ins Bett zu kriegen, alter Mann. Noch einmal stürmt, noch einmal, liebe Freunde …“, dröhnte er, bevor er sich wieder der Gästemeute zuwandte, die die Bar bevölkerte.

„Hör auf, mir Shakespeare zu zitieren, du Idiot. Oder irgendeinen von deinen anderen Poeten“, murrte Brady. Insgeheim war er stolz auf Seans Interesse an Büchern und am Studium und Poesie – er hatte gerade Kurse an einem örtlichen College begonnen und war bei weitem der Klügste von allen –, aber das Letzte, was er gebrauchen konnte, war ein kleiner Bruder, der sich um sein Liebesleben sorgte.

„Werde ich, wenn du deine romantische Seite wieder zulässt, Brady.“ Als Brady vortäuschte, sich auf ihn zu stürzen, tanzte Sean davon und stützte sich mit den Händen auf der Theke ab. „Was darf es denn sein, Ladies?“, fragte er und lächelte ein paar Schönheiten an.

Aber die Frauen, mit denen Sean sprach, konnten der Küsserin nicht das Wasser reichen.

Brady strich sich mit einer Hand durch das Haar. Dachte an das Gefühl ihrer Lippen auf seinen …

„Ach, scheiß drauf.“ Er musste wenigstens ihren Namen erfahren. Er legte sein Klemmbrett hin und wollte sich um die Bar herum in Bewegung setzen, doch bevor er den ersten Schritt tun konnte, war sie da und blockierte ihm den Weg. Bumm!

„Hi.“ Ihr Lächeln war die untergehende Sonne am letzten Sommertag.

„Hallo.“ Er räusperte sich, dann schenkte er ihr sein galantestes Lächeln. „Hast du deine Wette gewonnen?“

Sie biss sich auf die Lippe und senkte die Augen. Auf frischer Tat ertappt. „Ja, um ehrlich zu sein, habe ich das. Tut mir leid, dass ich dich benutzt habe.“

Sie sah kein bisschen reumütig aus, doch das Letzte, was Brady wollte, war eine Entschuldigung dafür, wie sie ihn angeheizt hatte. „Benutz mich ruhig weiter … Kundenzufriedenheit ist unsere höchste Priorität hier im The Stylish Irish.“

Sie lachte und Brady fing Seans Blick auf. Siehst du. Ich brauche keinen Flirtunterricht von dir, Made. Sean grinste und verdrehte die Augen.

„Ich habe zwanzig Mäuse gewonnen“, fuhr die Küsserin fort, „also dachte ich mir, das Mindeste, was ich tun könnte, wäre rüberzukommen und mich vorzustellen. Ich bin Anna Kincaid.“

Anna Kincaid – was für ein toller Name.

Für den Bruchteil einer Sekunde starrte er ihre zarte, kleine Hand an, die sie ihm entgegenstreckte, und seine Gedanken wurden bombardiert mit einer merkwürdigen Reihe von Fragen. Wo war sie schon gewesen? Wessen Schwanz hatte sie gerieben? Wie heftig hatte sie irgendeinen anderen Typen zum Kommen gebracht? Er wusste einfach, dass diese Hände magische Dinge tun konnten. Brady schüttelte seine schmutzigen Gedanken ab, ebenso wie den Anflug von Eifersucht, der ihn erfasste. Er hatte gerade erst den Namen der Frau erfahren, verdammt nochmal, und er war eifersüchtig, dass sie Liebhaber gehabt hatte? Er hatte noch niemals diese sofortige Verbindung zu einer Frau gespürt, nicht einmal zu Elizabeth.

Seine Hand schmolz unter ihrer Berührung. „Anna“, sagte er und probierte den Klang ihres Namens auf seiner Zunge. Er gefiel ihm. „Brady O’Neill, Mitinhaber dieses hervorragenden Etablissements.“

Sie legte ihren Kopf zur Seite. „Das wusste ich. Das wissen wir alle. Es ist ziemlich schwer, die neuen irischen Jungs in der Stadt zu ignorieren. Und selbst, wenn ich nicht gewusst hätte, wer du bist – dich hat diese Autorität umgeben, von dem Moment an, als du hereinkamst.“

Brady lachte. „Ist das so?“

„Oh ja. Du kamst hier reinstolziert, das halbe Restaurant hat dich angestarrt und es sah aus, als würdest du denken: Das stimmt, ihr Miststücke, mir gehört dieser verfickte Laden.“ Sie kicherte.

Bradys Gedanken drehten völlig durch. Welche anderen schmutzigen Sachen könnte sie mit diesem Mund aussprechen? Anna war nur ein kleines bisschen beschwipst, noch nicht wirklich betrunken, ihm sagte also etwas, dass sie einfach sie selbst war.

„Sorry, ich tendiere dazu zu fluchen, wenn ich trinke. Nicht besonders ladylike, ich weiß.“ Ihre Stimme war rau und amüsant.

„Puppe, ich bin Ire. Wir haben das Fluchen erfunden. Was ich mich frage, ist, welche schmutzigeren Sachen du vielleicht noch sagst, wenn sich die Gelegenheit bietet.“ Da war er. Nur ein kleines bisschen von dem alten Brady kam zum Vorschein, der die Frauen anstachelte, sie herausforderte, um zu sehen, wie weit sie gehen würden. Wenn diese Frau ihn dazu bringen konnte, sich nach nur einer Minute wieder wie er selbst zu fühlen, was könnte sie nach einer ganzen Nacht in ihm auslösen?

Sie schnalzte lächelnd mit der Zunge. „In dem Fall“, sagte sie und hob die Augenbraue.

Was immer sie auch sagen wollte, Brady liebte es, dass sie nicht gleich vorm ersten Flirt zurückscheute. Das war schon immer ein Zeichen dafür gewesen, dass eine Frau nichts für ihn war, wenn sie es nicht mit seinem Feuer aufnehmen konnte. Er hatte für Elizabeth eine Ausnahme gemacht, denn er hatte ihren Sinn für Tugend und Reinheit bewundert, und man sah ja, wohin ihn das geführt hatte.

„Lust, mich und meine Freundinnen heute Abend zu begleiten?“

Auf der Stelle regte sich eine vertraute Aufregung in seiner Hose.

Brady war amüsiert. War ihr Wagemut nur ein Nebeneffekt ihrer winzigen Größe in Anwesenheit großer Männer? Das Bedürfnis zu kompensieren? Oder war sie schon ihr ganzes Leben lang so vorlaut gewesen? Was auch immer es war, es war nicht gerade gewöhnlich und jedes Nervenende in seinem Hirn prickelte von all den Möglichkeiten.

Als er nicht sofort antwortete, schüttelte sie den Kopf. „Pfui. Das ist das Bier, das aus mir spricht.“ Sie scheute verlegen zurück und schlug auf verführerischste Art und Weise ihre gebräunten Beine übereinander. „Vergiss, dass ich was gesagt habe.“

„Nein.“ Er griff nach ihren Fingerspitzen und hielt sie fest, dann ließ er schnell los. „Es hat mir gefallen, genauso wie mir dein Kuss gefallen hat.“

„Trotzdem hast du gezögert, als ich das erste Mal versucht habe, dich zu küssen …“

„Du hast mich einfach überrumpelt.“

„Und du schaust gerne erst hin, bevor du loslegst?“

„Das ist das Klügste, was man tun kann. Also … woran hattest du gedacht? Wohin könnten wir und deine Freundinnen gehen, falls ich überhaupt so früh gehen könnte an so einem hektischen Abend?“

„Zur Quelle … ein bisschen nackt baden.“ Ihre hellen grünen Augen funkelten. „Das heißt, falls du es mit vier Frauen auf einmal aufnehmen kannst.“ Ihr sprudelndes Selbstbewusstsein war wieder da und sie zeigte mit ihrem Bier auf ihre Freundinnen in der Ecke. Sie prosteten Brady zu.

Nacktbaden. Ende Februar. Wenn es draußen saukalt war. Bradys Junggesellentage hatten einige grandiose Momente hervorgebracht, sogar, es mit zwei Mädchen auf einmal zu machen, doch Nacktbaden hatte er bisher noch nicht geschafft. „Woher weiß ich, dass das nicht nur ein Trick ist, um mit meiner Brieftasche abzuhauen?“

Anna gab sich beleidigt. „Mr. O’Neill, ich bin eins achtundfünfzig groß. Glaubst du wirklich, ich würde meine kriminelle Energie an einem Riesen wie dir austesten?“

Brady grinste. Aber … so sehr er sich auch wünschte, er könne abhauen und sich einer Horde nackter Mädchen anschließen, er war gerade erst bei der Arbeit angekommen. Er hatte Verpflichtungen und Leute, die auf ihn zählten, verdammt nochmal. „Es wäre sogar großartig, wenn du das tun würdest. Aber ich kann wirklich nicht.“ Ohne nachzudenken, streckte er die Hand aus und ordnete eine Strähne ihres braunen Haares, die sich gelöst hatte. „Tut mir leid.“

„Oh.“

„Ein anderes Mal würde ich gern. Hier gibt es nur so viel zu tun, also …“ Er wusste, dass das albern war, aber er konnte sich nicht aus dieser Spur befreien. Etwas hielt ihn zurück und er wusste nicht genau, was es war.

Sie zuckte mit den Schultern. „Das ist dann wohl dein Pech.“

„Ohne Zweifel, Liebling.“ Pflichtbewusst nahm Brady sein Klemmbrett. Er fühlte sich schrecklich dabei, sie zurückzuweisen, und wieder dachte er daran, wie furchtbar dumm er sich benahm. „Es war schön, dich kennenzulernen, Anna.“

„Was ist mit mir? Dann geh ich eben!“ Sean schlich sich an die beiden heran. „Wenn du nicht willst.“

„Hau ab, Sean“, murmelte Brady. „Außerdem dachte ich, dass du ein Auge auf deine neue Englischdozentin geworfen hast. Julianna, so hieß sie doch, oder?“

Seans Blick flatterte, doch er zögerte keine Sekunde. „Tja, also, da du mich gerade freundlicherweise daran erinnerst, sie ist meine Professorin. Jedenfalls momentan. Und bis sie es nicht mehr ist, nun …“ Er warf Anna ein verschmitztes Lächeln zu. „Miss, du hast dir den falschen Mann rausgesucht. Oder besser gesagt, den falschen Knaben. Ein richtiger Mann würde niemals eine schöne Frau abweisen. Ich werde gern an seiner Stelle annehmen.“

Anna lachte beide verständnisvoll an und sagte: „Ich glaube, wir sind beide im selben Alter, Sean, und ich gebe zu … ich habe eine Schwäche für ältere Männer.“

„Ich habe das Gefühl, Professor Julianna wird ebenfalls sagen, dass ich zu jung bin“, sagte er gutmütig. „Aber zumindest von ihr wird das keine akzeptable Antwort sein.“

Anna schüttelte den Kopf und lächelte Brady an, doch es war klar, dass Brady sie enttäuscht hatte. Vielleicht hatte Quinn recht. Vielleicht befand sich Anna wirklich auch an einem dunklen Ort und brauchte eine Nacht, um ihre Vergangenheit zu vergessen und die guten Seiten zu genießen, die das Leben zu bieten hatte. Sie hatte ihn ausgewählt, aus all den Männern in der Kneipe, und er hatte sie abgewiesen. Was für ein verfluchtes Stück Scheiße er war.

„Wie dem auch sei, Brady …“ Sie stürzte den Rest ihres Bieres hinunter, stellte das leere Glas auf die Theke und zeigte ein letztes strahlendes Lächeln. „Wir sind in Giovanetti Springs, falls du deine Meinung änderst. Danke für den Kuss.“ Sie schwirrte davon und schloss sich ihren Freundinnen an, die gerade ihre Jacken anzogen, und zusammen schlüpften sie zurück in die kühle Nacht.

Und damit fühlte Brady seine Eier schrumpfen wie Rosinen.

„Was war das denn?“ Quinn tauchte an seiner Seite auf und trocknete ein Whiskeyglas.

„Unser Bruder hat eine Göttin abgewiesen. Ruhig bleiben und weitermachen.“ Sean schüttelte widerwillig den Kopf und widmete sich wieder dem Barservice.

Quinn starrte ihn mit ungläubigen Augen an. „Geh, wir springen für dich ein.“

Brady war wie paralysiert.

Das Leben hatte ihm in letzter Zeit einiges zugemutet. Zuerst war seine Tochter mit nur einem reichlichen Jahr den Komplikationen eines angeborenen Herzfehlers zum Opfer gefallen. Sein kleines Mädchen, seine Prinzessin, sein Baby – tot. Die Trauer hatte seine Ehe belastet, die bereits wackelig gewesen war, und ein Jahr später verließ Elizabeth, unfähig – oder unwillig –, mit den Folgen zurechtzukommen, das sinkende Schiff, nur eine Nachricht auf ihrem Bett und Kleiderbügel im Schrank hatte sie zurückgelassen.

Dann kam das Feuer im Restaurant seiner Eltern, das alles zerstörte. Dann Dads tödlicher Herzinfarkt, dann seine Mam, Maggie Phillips O’Neill. Der Fels, der Leim, die eine, die sie alle zusammengehalten hatte – tot. Wie viel Belastung konnte ein Mensch ertragen? Was war ihm noch geblieben, außer vier Brüdern und einem neuen Haus mit vier Schlafzimmern, ohne Tochter oder Ehefrau, von denen er erzählen konnte?

Und so wurde Forestville sein neues Zuhause, der perfekte Ort, um seine Sorgen zu vergessen, ein neues Leben anzufangen. Das Restaurant stand für alles, was bisher in diesem neuen Land gut verlief. Dennoch, an jeder Ecke hielt Brady den Atem an. Ich habe genug gelitten, Herr. Bitte, keine Tragödien mehr.

Quinn erahnte seine Pein und legte eine Hand auf seine Schulter. „Niemand kann dir sagen, wann es Zeit ist, das hinter dir zu lassen, Bruder. Das kannst nur du wissen. Ich würde sagen, geh, leb ein bisschen, hab Spaß. Das ist die einzige Möglichkeit, deine Dämonen loszuwerden.“

Brady sah den besorgten Zug um den Mund seines Bruders, und obwohl Quinn ihm jetzt schon seit Monaten dasselbe gesagt hatte, war es, als erreichten seine Worte ihn nun endlich.

Was war falsch daran, nur einmal auszugehen? Das Leben für eine Weile vergessen. Mit nackten Mädchen in einer warmen Quelle herumtollen, in einer funkelnden Sternennacht. Er war nicht tot, also warum sich so verhalten?

Er mochte ein gequälter Mann gewesen sein, aber er war kein Idiot. Anna Kincaid besaß etwas in ihrem Wesen, das die anderen einheimischen Frauen nicht hatten – Abenteuerlust, Unverfrorenheit, Ausstrahlung. Wo hatte sie sich die ganze Zeit versteckt? Warum hatte er sie vorher nie in Green Valley gesehen? Und das Wichtigste, wie würde sie nackt und feucht aussehen?

Verdammt nochmal!

„Morgen mach ich den Laden auf.“ Brady ging in sein Büro, griff nach seinem Mantel und machte sich auf den Weg nach Giovanetti Springs, seine Brust so leicht wie schon lange nicht mehr.

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